Philosophie

1. Weshalb Philosophie in der SAW?  Was hat eine Handlungswissenschaft wie die SAW - und Wissenschaft im allgemeinen - mit  Philosophie zu tun? Anhand der Definition des Begriffes der Wissenschaft, die für eine Wissenschaft als obligatorisch gelten kann, kann diese Frage mit drei Hinweisen beantwortet werden:

  1. 'Wissenschaft' ist selber kein wissenschaftlicher, sondern ein philosophischer Begriff, aus dem Zweig der Philosophie der Wissenschaft und Technologie (vgl Pkt 3).
  2. Wissenschaftliche Begriffe bedürfen der Definition. Probleme im Zusammenhang mit Begriffen wie Fragen nach ihrem Bezug (Referenz) und ihrem Sinn (die zusammen ihre Bedeutung ergeben), sind Gegestand der Semantik, einer philosophischen Disziplin
  3. In der Definition des Wissenschaftsbegriffs treten weitere philosophische Begriffe auf, die jedoch nicht ihrerseits zur Wissenschaftstheorie gehören, sondern aus anderen Zweigen stammen. Ein Beipspiel sind die Begriffe  'Ding', ,Faktum', 'Zustand' und 'Zustandänderung', die alle ontologische Begriffe sind (vgl. Pkt. 3).

2. Was ist Philosophie?  Philosophie ist die Disziplin, welche die allgemeinsten, die einzelwissenschaftlichen Begriffe übersteigenden Begriffe wie jene des Seins, des Werdens, Leben, Geist, Gesellschaft, Wissen und Norm sowie  die allgemeinsten Hypothesen wie jene der autonomen Existenz und Wissbarkeit der externen Welt untersucht. 

Abgesehen von ihrer Fragestellung unterscheidet sich Philosophie von den Wissenschaften sich auch methodologisch, indem sie selber keine faktenwissenschaftliche Forschung durchführt, sondern sich auf die Untersuchung von begrifflichen Problemen beschränkt. Dies kann sie ohne oder mit logisch exakten Mitteln tun und sie kann sich, insoweit sie die ontologischen und erkenntnistheoretischen Prämissen der Wissenschaft teilt, systematisch auf wissenschaftliche Theorien stützen oder aber sie kann diese ignorieren. 

3. Welche Zweige der Philosophie gibt es? Zu unterscheiden sind Grundlagen- und angewandte Zweige. Zu den ersteren gehören die a) Ontologie, b) Erkenntistheorie, c) Logik, d) Semantik, e) Axiologie und f) die Philosophie von Wissenschaft und Technologie, zu den letzteren die g) Methodologie, h) Praxeologie, i) Ethik, j) politische Philosophie,k) Sozialphilosophie und l) die vielen Philosophien der .....[→ für eine grafische Darstellung und Kurzbeschreibung der Gebiete]

Die fachlichen Probleme der Sozialarbeitswissenschaft tangieren - über die eingangs (Pkt.1) genannten wissenschaftstheoretischen und ontologischen Fragestellungen hinaus - auch alle anderen Zweige der Philosophie, namentlich aber die Axiologie, die Erkenntnistheorie, die Semantik, die Methodologie, die Praxeologie und die Ethik. [→ Hauptmenü Philosophie]  Vor allem aber sind die profunden Probleme der Integration des verstreuten und vielfältig fragmentierten Wissens der Bezugswissenschaften der SAW nicht ohne transdisziplinären philosophischen Bezugsrahmen zu lösen.

4. Wandel im Stil der Philosophie: Bis vor wenigen Jahrzehnten verstanden die Mehrzahl der Philosophen die Philosophie als eine Disziplin über und jenseits der Wissenschaften stehend und sahen umgekehrt die meisten Wissenschafter in der Philosophie eine intellektuelle Domäne, die zu den Problemstellungen der Wissenschaften keinen vernünftigen Beitrag leisten.  

Diese Situation hat sich in der Folge zweier Revolutionen innerhalb der Philosophie des 20. Jhd. – eine logische anfgans und eine wissenschaftliche seit dem 3. Drittel des 20. Jahrhunderts – inzwischen grundlegend geändert. Junge Philosophinnen und Philosophen arbeiten heute nicht nur überwiegend in einem analytischen Stil (1. Revolution), sondern auch wissenschaftsorientiert (2. Revolution), d.h. sie bearbeiten philosophische Probleme im Lichte der Befunde wissenschaftlicher Forschung. Damit ergibt sich die Möglichkeit jener fruchtbaren  kooperativen Beziehung zwischen Philosophie und Wissenschaft, der auch das SPSA seine Entwicklung verdankt.