Das Systemtheoretische Paradigma (SPSA) – ein Miniporträt
Das Systemtheoretische Paradigma ist eine Konzeption der Sozialarbeitswissenschaft neben anderen (vgl. ), wobei es sich formal durch seine Systematik und inhaltlich durch seine Breite und Tiefe auszeichnet. Inhaltlich liegt sein Fokus primär auf den Fragen 1 und 2 und sekundär auf Frage 3 (vgl. Pkt 3). Die Antwort des Paradigmas auf diese Fragen bildet ein System von meta-, objekt- und handlungswissenschaftlichen Theorien und Methoden in Form einer grossen Zahl von Arbeiten über eine breite Palette von Themen der Sozialen Arbeit als Disziplin, aber auch als Ausbildung, Profession und professionelle Praxis. Die Publikationen der Autorinnen und Autoren des Paradigmas[1] gehen in die Hunderte; darüber hinaus existiert eine beträchtliche Sekundärliteratur zum Paradigma.
Im Mittelpunkt des Paradigmas stehen
- eine Konzeption professionellen Wissens,
- eine theoriebasierte Konzeption des Gegenstandes und der Problematik der Sozialen Arbeit
- ein biopsychosoziokulturelles Modell menschlicher Individuen
- eine neue, strukturelle Theorie sozialer und gesellschaftlicher Probleme, der eine biopsychosoziokulturelle Theorie menschlicher (und im Besonderen sozialer) Bedürfnisse - eine Komponente des Modelles, zugrunde liegt, sowie
- eine allgemeine Handlungstheorie als Mittel der Bearbeitung praktischer Probleme sowie Verfahren der Sozialen Diagnose und Fallbearbeitung bis hin zu solchen der Aktenführung.
Das Paradigma enthält ferner eine Methode der interprofessionellen Kooperation, Methoden der Theorieintegration, eine Methode der Systematisierung von Wissen im Rahmen von Ausbildungen in Sozialer Arbeit u.a.m.
Die Theorien und Methoden des Paradigmas und dieses selbst sind in hohem Masse integrativ und stützen sich auf Bezugswissen aus der Psychologie, den klassischen Sozialwissenschaften und aus den Social Brain Sciences und auch der Biologie sowie aus anderen Handlungswissenschaften. Die enorme Fragmentierung des bezugswissenschaftlichen Wissens SAW als Querschnittwissenschaft verlangt nach einem transdisziplinären Bezugsrahmen als Mittel der theoretischen Integration [2]. Im Mittelpunkt steht dabei der Begriff des mechanismischen Erklärens, des Kernbegriffes des inzwischen weltweiten sozialwissenschaftlichen Forschungsprogramms des mechanismischen Erklärens auf der Grundlage der Ontologie und im Besonderen der Sozialontologie Mario Bunges (und anderen).[3]
Grundlage der Differenzierung der handlungswissenschasfltichen Fragestellung und der Methoden der theoretischen Integration sind die Unterscheidungen zwischen Philosophie, Basiswissenschaft, Handlungswissenschaft und (professioneller) Praxis sowie andererseits die Beziehungen zwischen ihnen, die je eine der Voraussetzung ist: Die Bearbeitung praktischer Probleme, d.h. eine professionelle Praxis, beruht auf handlungswissenschaftlichem Wissen, das seinerseits basiswissenschaftliches Wissen voraussetzt, und basiswissenschaftliche Theorien – und namentlich deren für die Handlungswissenschaften typischen Probleme der Integration – involvieren philosophische Theorien, insbesondere aber ontologische und wissenschaftstheoretische.
[1] Zu diesen gehören – in alphabetischer Reihenfolge: Stafan Borrmann, Ruth Brack, Kaspar Geiser, Petra Gregusch, Michael Klassen, Edi Martin, Werner Obrecht, Silvia Staub-Bernasconi, Silke Vlecken, Heinrich Zwicky u.a.m.
[2] Büchner, S. (2012). Soziale Arbeit als transdiziplinäre Wissenschaft: Zwischen Verknüpfung und Integration. Wiesbaden, VS Verlag.
[3] Vgl. dazu Wan, Poe Yu-Ze (2011). Refraiming the Social. Emergentist Systemism and Social Theory. Burlington, Ashgate).